Seelen-Wrestling zwischen zwei Kulturen

Nach seinem Dokumentar-Theaterstück „Palmasola“ über die gleichnamige Gefängnisstadt in Bolivien lässt Christoph Frick nun zwei der Protagonisten von damals zu einem Kampf der Kulturen in den Theaterring steigen.

Die weitläufige Bühne der Reithalle der Kaserne Basel ist leer bis auf zwei Reihen von Scheinwerfern an den Rändern und einer grossen, verdreckten und geflickten Leinwand. Über diese flimmert eine Autofahrt durch eine südliche Steppenlandschaft – es wird wohl in Bolivien sein. Aber unvermittelt tauchen auf den Fahrtbildern Landmarken auf, die klar auf Basel hindeuten: die Roche-Türme und dergleichen mehr.

So wird man in der ausverkauften Reithalle auf das vorbereitet, was nun dramatisch folgt: Ein Seelen-Wrestling von zwei nicht mehr ganz so jungen, aber beeindruckend durchtrainierten Schauspielern in blass-graublauen Anzügen, die mit vollem Körpereinsatz zum interkulturellen Seelen-Wrestling antreten. Zum freundschaftlichen Clash der Kulturen. Oder „Dos Vidas“ zeigen, wie der Titel der Produktion besagt.

Es sind dies Nicola Benjamin Fritzen aus Berlin und Jorge Antonio Arias Cortez aus Oruro in Bolivien. Kennengelernt haben sich die beiden in Bolivien, wo der Berliner – so wird erzählt – dem Bolivianer Schauspielunterricht gab. Und wo sie, so zumindest scheint es, zu einer wilden Freundschaft zusammengefunden haben und seither um Verständnis über ihren jeweiligen sozialen Status ringen.

Was um Gottes Willen ist „unterer Mittelstand“?

Dieses wird besonders und auf hintergründig-witzige Art verständlich, wenn sich der Berliner als jemanden ausgibt, der dem „unteren Mittelstand“ angehört. Der „Unterer Mittelstand“ ist nun aber eine Bezeichnung, die es im Weltbild des Bolivianers nicht gibt, die Erstaunen bis spöttisches Gelächter auslöst. Er, der wegen seiner frühen kriminellen Karriere mehrmals im Knast bzw. im Grossgefängnis einsass, käme niemals auf die Idee, seine selber erkämpfte neue Identität als Schauspieler in einem armen Land als sozial untermittelständisch zu bezeichnen.

Der in einem seelischen bis körperlichen Ringkampf ausgetragene Diskurs ist auf eine hintergründige amüsant und lehrreich zugleich. Nicht immer kann man aber der Auseinandersetzung der beiden Flaggenträger der höchst divergierenden Kulturen wirklich gut folgen. Das liegt daran, dass Vieles in der einen Stunde, die der Theaterabend dauert, nur angetippt werden kann.

Aber den beiden tollen Schauspielern zu folgen, bereitet grosses Vergnügen. Das Premierenpublikum in der Kaserne Basel bedankte sich mit einem frenetischen Applaus.


Weitere Vorstellungen: heute Sonntag und morgen Montag, 5. und 6. Februar.

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