Troja liegt in Eindhoven

Regisseur Antú Romero Nunes lässt sein Schauspiel-Duo in einem Fantasie-Holländisch durch Achilles‘ Vermächtnis radebrechen. Das ist ist sehr unterhaltsam – wenn man nicht den Anspruch erhebt, das Ganze wirklich zu verstehen.

Man muss ja nicht immer alles gleich verstehen im Theater. Wer hier vehement Einspruch erhebt, soll mal in ein paar Wortren erklären, worum es bei Shakespeares „Hamlet“ geht. Diese weisen Worte über das Theater oder die Kunst schlechthin stammen vom Autor Heiner Müller.

Nun in Hamlets Dänemark, wo es faul zu und her geht, sind wir beim Projekt „Achilles – ein Stück mit Fersen“ nicht. Sondern nicht allzu weit davon weg an einem Strand in Holland. Respektive doch etwas weiter entfernt in Kleinasien oder in Griechenland, wie die Musik suggeriert. Oder sonst irgendwo, wo über Achilles‘ Vermächtnis so gesprochen wird, als klinge es Holländisch. Etwa so: „Laat je niet storen. Ik sta hier alleen aan het Strand …“ Dies kling so, weil man „Duits“ (also Deutsch) nicht spricht, weil das eine „belachelik spraach“ ist.

Also muss man sich im Schauspielhaus des Theater Basel damit abfinden, einem Stück in einer Sprache zu folgen, die man nicht versteht. Oder eigentlich doch letztlich erstaunlich gut versteht. Denn Nunes und sein Zweierteam auf der Bühne mit Gala Othero Winter und Jörg Pohl verstanden es meisterlich, eine schräge Universalsprache zu kreieren, der man folgen kann.

„Verschrikkelik alligator strand“

Zumindest bis zu einem gewissen Punkt folgen kann. Die Situationskomik kommt über die Rampe. Und wie. Pohl und Winter verstehen sich aufs Beste auf gespielten Kalauer pur. Das ist zum Teil höchst amüsant, es gibt viel zu lachen. Aber worüber eigentlich? Über den „Rüssel Grove“ im „Gladiator trainig“. Über das mit Fingerschnippen auszulösende „buikmuskulaturen training“. Über den „verschrikkelik alligator strand“.

Über die schrägen Perücken im Stile der 1980er-Jahre. Und darüber, dass sich Achilles‘ Asche in der Eistee-Tüte zum schlammartigen Matsch vermengt hat, der ins Meer plotscht. Sofern ich das richtig verstanden habe.

Hier nun also der Versuch einer Inhaltsangabe – ganz ohne Gewähr. Die Hauptfiguren auf der Bühne sind Achilles‘ Mutter Thetis als klunkerbehangene Tattergreisin und Odysseus als Fitness-Trainer im Stile der 1980er-Jahre. Sie tragen nach dem Tod des Helden Achilles die Spätfolgen des von Homer so schön konstruierten Konflikts aus zwischen der Mutter, die Achilles einst in Mädchenkleider hüllte, um ihn vom Kriegsdienst zu bewahren, und von Odysseus, der diese Finte hinterlistig entlarvte und damit letztlich den Heldentod mit verantwortete.

Thetis und Odysseus sind die beiden auf der Bühne meistens. Aber Odysseus ist manchmal auch Patroklos, der Geliebte von Achilles. Und Thetis gibt sich als Göttin Patetica aus. Und wenn es in die Unterwelt geht, ist wieder alles anders. Dann schlüpft Gala Othero Winter in die Rolle und die Rüstung des Achilles, während sich Odysseus als trojanischer Kämpfer Hektor ausgibt.

Rasend komischer Schmarren

Das ist der ernsthafte Hintergrund des Theaterabends, der das ganze Heldengewäsch um den Krieg in Troja stellvertretend für alle Kriegsgeschichten als läppische Spielereien brandmarkt.

Dabei wird der Ernsthaftigkeit des Themas letztlich aber wenig Platz eingeräumt. Nunes bleibt bei der kalauernden Posse. Und die Darstellenden auf der Bühne, Gala Othero Winter und Jörg Pohl, bewältigen dieses spassige Spiel bis zu Applausordnung auf famose Art und Weise.

Was für ein Fazit ziehen wir daraus? „Achilles – ein Stück mit Fersen“ ist letztlich ein Schmarren. Aber ein rasend komischer.

2 Gedanken zu “Troja liegt in Eindhoven

  1. Nur ein Schmarren? Aber ein kaiserlicher allemal. Da bin ich mir nicht so sicher. Die gesprochene Sprache auf der Bühne macht den zweitausend Jahre alten Plot nicht zum sattsam bekannten „Klassiker“ sondern zum Drama unter Leuten, die zwar Geschichte geschrieben haben mögen, aber deren persönliche Geschichten mit-/untereinander beängstigenderweise zu Krieg, Tod und Vernichtung beigetragen haben. In den Klassikern steckt nicht nur schön Erhebendes sondern auch hässlich Erbärmliches, ähnlich wie im Tanz der Vampire…bis zur lächelnden Arabeske gegenüber dem applaudierenden Publikum…das vielleicht froh ist, wenn es noch einmal davongekommen ist. NU

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