Die Group 50:50, ein Kollektiv von darstellenden Künstlerinnen und Künstlern aus dem Kongo, der Schweiz und Deutschland, beschwört tänzerisch und musikalisch die Wiedergutmachung von Untaten aus der Kolonialzeit, die auch auf das Konto der damals sekundierenden Schweiz geht. Es ist eine fulminante, charmante, ja zuweilen fast heitere Anklage, die aber tief unter die Haut geht.

Sie singen wieder und wieder: „Wir warnen euch: Die Tage der Diebe sind gezählt.“ Sie: das sind sieben Musikerinnen und Musiker aus dem Kongo, der Schweiz und aus Deutschland, die sich zur Group 50:50 zusammengefunden haben, um die Geister der Gerechtigkeit zu beschwören. Die Diebe: Das sind wir im Publikum respektive unsere Vorfahren, die bis vor sechzig Jahren als Sekundanten der Kolonialherren die schmutzigen Hände mit im Spiel hatten. Der Anlass: Das multimediale Kolonialismus-Requiem „The Ghosts Are Returning“ in der Reithalle der Kaserne Basel.
Das Besondere an diesem Abend ist: Er zeigt auf, dass sich mit Theater politisch etwas bewirken lässt. Es geht um einen konkreten Restitutionsfall: Anfang der fünfziger Jahre hat der Schweizer Arzt Boris Adé in der damaligen Privatkolonie des belgischen Königs sieben Skelette ausgegraben, in Kisten gesteckt und zu „Forschungszwecken“ nach Genf gebracht, an die dortige Universität, wo sie sich noch heute befinden. Es sind Skelette der Mbuti, auch unter dem Sammelbegriff Pygmäsen bekannt, die zudem unter der ebenfalls von Schweizer Protagonisten mitverschuldeten Abholzug der Regenwälder zu leiden haben.
Die wunderbar aufspielende Truppe hat sich nun nicht auf ein moralisierends Zeigefingertheater festgelegt. Zu erleben ist eine musikalisch charmante, ja zuweilen fast heitere Anklage und Beschwörung der geraubten Geister – garniert mit der ganz persönlichen und auf ünberraschende Antworten stossende Frage, wie man denn selber gerne beerdigt werden würde. Über drei Bildschirmen kommen unter anderem mit geschickt arrangierten Interviewsituationen die betroffenen Mbuti selber zu Wort.
Der Abend besticht vor allem durch seine musikalische Ausdruckskraft. In der von Kojack Kossakamvwe und Elia Rediger komponierten Musik vereinen sich die Sphären der klassischen europäischen Musiktradition mit den Rhythmen der afrikanischen Musik – wundervoll dargebracht durch das multikulturelle, singende und spielende Orchester mit Ruth Kenna, Christiana Tabaro, Huguette Tolinga, Kojack Kossakamwve, Franck Moka, Merveil Mukadi und Elia Redinger.
Und übrigens: Die entführten Geister können tatsächlich zurückkehren. Die Universitäten von Genf und Lubumbashi sind übereingekommen, nach 70 Jahren sieben Skelette in den Kongo zurück zu führen und dort zu bestatten.
Soweit, so gut. Es bleibt die Aufforderung, dass man die europäischen Museen einer Psychoanalyse unterziehen müsste. Eine durchaus interessante Idee.
Group 50:50: „The Ghosts Are Returning“. Bis 1. Oktober in der Reithalle der Kaserne Basel.