Das Basler Schauspiel präsentiert auf der Grossen Bühne «Das Ende der Welt, wie wir es kennen» – mit einem bis zur Albernheit reichenden Witz, der hin und wieder aber auch hintersinnig nachdenkliche Momente aufblitzen lässt.
Die Überlebenden in einer nicht überlebenswerten Welt. (Foto: Theater Basel/M. Korbel)
Zu lesen auch in der „bz Basel“.
Es ist eine ulkige Gruppe, die sich hier am Ende der Welt zur postapokalyptischen WG zusammengeschlossen hat. Da ist der professorale Prepper, ein intellektueller Post-Hippie mit Dreadlocks, Sturmgewehr und Tarnanzug, der in einem doktrinären Demokrativerständnis dafür sorgt, dass der totale Survival-Modus trotz aller Hoffnungslosigkeit aufrecht bleibt. Er ist der einzige Mensch, der noch übriggeblieben ist, wenn man von Zven absieht, der zum Zombie mutiert ist, dem der «instabile» Fleischvorrat Sorgen bereitet.
Dazu kommt ein Androide mit dem Namen der griechischen Erdengöttin Gaia, der sich scheut, das frisch heruntergeladene Programm für «Schuld, Gewissen, Verantwortung» zu aktivieren. Und schliesslich runden die niemals tot zu kriegenden Wesen Kakerlake, Bärtierchen und Pilz diese Überlebensgesellschaft ab.
Sie haben sich in dieser Welt nach ihrem Ende eingenistet, haben beschlossen, untereinander nicht zu Fressfeinden zu werden, Wehrübungen durchzuführen und mit den Vorräten sorgsam umzugehen. «Es reicht für alle! Es reicht nicht für immer, aber es reicht für alle», sagt der Professor immer wieder. Und wenn das WC-Papier auszugehen droht, muss zu einem verantwortungsvollen Umgang damit aufgerufen werden: «Falten oder Knüllen», wird somit zur Kardinalfrage.
Noch etwas zum Titel «Das Ende der Welt, wie wir es kennen»: Da hat sich nicht ein versehentliches «es» statt einem «sie» (für die Welt) eingeschlichen. Eifrige Theaterbesucher haben dieses Weltende am Donnerstag zuvor bereits kennengelernt: in der wunderbaren postapokalyptischen Bühnenlandschaft, den Márton Ágh für die Mammutoper «Saint François d’Assise» geschaffen hat. In diese hyperrealistische Installation stellt nun das Schauspielensemble der durch und durch düsteren Oper in guter Tradition der Antike ein verrückt absurdes Satyrspiel entgegen.
Für dieses Satyrspiel hat der Berliner Autor David Lindemann einen Text geschaffen, der gegenwärtig ja höchstaktuelle Untergangs- und Überlebens-Thesen zusammenballt und so ad Absurdum führt. Das Ensemble, das sich gemäss dem Anspruch der neuen Schauspielleitung, die hierarchischen Strukturen im Theater aufzubrechen, kollektiv für die Inszenierung verantwortlich zeigt, offenbart dabei keine Scheu vor Albernheiten. Es lässt am hin und wieder aber auch hintersinnige Momente aufblitzen.
Vergnüglicher Beginn
Der rund anderthalbstündige Abend überrascht und vergnügt vor allem zu Beginn mit hinreissend komischen Momenten. Das ist nicht zuletzt der Verdienst der Kostümverantwortlichen Helen Stein und Lena Schön, die grotesk-komische Wesen erschaffen haben. Auf der Bühne überzeugen mit ihrem an der Grenze zur Posse gratwandernden Spiel vor allem die Darsteller des in seinem Prepper-Taumel gefangenen Professors (Jürg Pohl), des Androiden, der sich Empfindsamkeiten herunterlädt (Gala Othero Winter) und des Zombies, der mit Magnesium-Tabletten überlebens-gesellschaftstauglich gehalten werden muss (Jan Bluthardt). Kakerlake, Bärchentier und Pilz (Nikèn Dewers, Flurina Schlegel und Marc Scheufen) bleiben da rein von ihren Rollen her eher dekorativ, aber auch mit rührend komischen Momenten im Hintergrund.
Mit fortlaufender Dauer verliert das sich wiederholende Spiel um Überlebensstrategien in einer Welt, in der es eigentlich nichts mehr Überlebenswertes gibt, aber zunehmend an Spannung. Vielleicht hätte dem Ganzen ab und zu ein etwas hierarchischerer inszenatorischer Eingriff gutgetan. Nichtsdestotrotz ist «Das Ende der Welt, wie wir es kennen» ein hintersinniger Theaterspass, den zu besuchen sich lohnt.