Der britische Shooting-Star Robert Icke inszeniert am Theater Basel Arthur Millers Zeigefinger-Stück «Hexenjagd». Zu erleben ist ein langer, zuweilen spannender Theaterabend, der letztlich aber in einem anwachsenden pathetischen Getöse untergeht.

Der britische Regisseur Robert Icke hat in Stuttgart mit seiner Neudichtung von Aischylos‘ «Orestie», seiner ersten Inszenierung im deutschsprachigen Raum, für Furore gesorgt – das hat ihm den aktuellen Kurt-Hübner-Preis für Regie eingebracht. Es ist also nachvollziehbar, dass das Theater Basel, welches das Prinzip der Überschreibung klassischer Stoffe auf seine Fahnen geschrieben hat, diesen Theatermann an Bord geholt hat.
Mit Arthur Millers vielgespielten Drama «Hexenjagd» wurde ihm aber ein Stoff übertragen, der sich nur schwer oder gar nicht dafür eignet. Miller hat mit der Geschichte der historisch verbrieften, vom Puritanismus, von einer Massenhysterie und einem Intrigengeflecht geprägten Hexenverfolgung des 17. Jahrhunderts ein minutiös gebautes Erzählstück geschaffen. Eines, das überdies als Parabel auf die antikommunistische Hexenjagd der MacCarthy-Ära in den 1950er-Jahre gedacht war. Ein Konstrukt also, das sehr in diesen Bezügen und dadurch auch in sich geschlossen ist.
In die 1950er-Jahre versetzt
Auch wenn das Theater Basel nun verkündet, dass diese Geschichte «aus heutiger Perspektive» nacherzählt werde, widerstand Icke der Versuchung, den Stoff explizit zu aktualisieren. Seine Eingriffe sind entsprechend zurückhaltend. Er versetzt die Handlung aus dem 17. Jahrhundert in einen holzgetäferten Gemeinde- oder Gerichtssaal, der aus der Entstehungszeit des Stücks in den 1950ern stammen könnte (Bühne: Chloe Lamford). Und er lässt Richter Hathorne (Simon Zagermann) und Gerichtsdiener Herrick (Philip Neuberger), die bei Miller erst später auftreten, bereits von Beginn weg ins Geschehen eingreifen.
Der Richter erteilt per Tischmikrophon Regieanweisungen und weist die Spielerinnen forsch zurecht, wenn sie Anstalten machen, sich diesen zu widersetzen, während der Gerichtsdiener Beweisdokumente in die Höhe hält. Icke schafft damit eine reizvolle Metaebene einer autoritären Dauerüberwachung. Schade, dass er diese aber nur im ersten Akt aufrecht hält. Je länger das Stück andauert, je mehr sich die Geschichte der unheilvollen Massenverurteilung annähert, umso mehr lässt die Inszenierung das Ganze auf die texttreue Erzählebene zurückfallen.
Diese hat durchaus packende Momente. Vor allem in den Szenen im Hause der Proctors, wo sich Farmer John Proctor (Felix von Manteuffel) und seine Ehefrau Elizabeth (Barbara Horvath) gegen den massenhysterischen Hexenwahn wehren und ihre junge Haushalthilfe Mary (Leonie Merlin Young) dazu drängen, sich von den todbringenden Hexenphantasien ihrer Altersgenossinnen zu distanzieren. Diese Momente haben eine hohe, emotional aufgeladene, aber nicht überbordende Intensität, die einen in den Bann zieht.
Die Szenen im Gerichtssaal indes werden von einem anwachsenden Pathos-Crescendo beherrscht und mehr und mehr auch überdeckt. Das gipfelt darin, dass gegen Schluss gar wahrhaftige Höllenfeuer zu lodern beginnen – untermalt von einer Musik (Sound: Tom Gibbons), die aus einem Hollywood-Horrorstreifen stammen könnte.
Icke lässt damit den Dampfhammer auf die Geschichte niederschlagen. Sein Credo, dass er klassische Theatertexte vom Staub befreien will, der sich in der Aufführungsgeschichte niedergelegt hat, geht so nicht auf. Das Resultat ist, dass der Staub letztlich nur aufgewirbelt wird und nicht verschwindet.
Theater Basel: «Hexenjagd» von Arthur Miller. Die nächsten Vorstellungen am 17., 21. und 25. Januar sowie im Februar.