Gewisse Grausamkeiten der Gegenwartsrealität, wie Femizid und Selbstverstümmelung, lassen sich auf der Theaterbühne vielleicht tatsächlich nur noch als Posse darstellen. Die chilenische Theatermacherin Manuela Infante treibt dieses Spiel am Theater Basel etwas gar weit in die Schrillheit.

Es ist ein Drahtseilakt: Frauen, die Männer und vor allem Männlichkeit parodieren, das kann im besten Fall gelingen oder ganz arg durch den Hosenschlitz gehen. Dann wenn es auf possenhaft Posen herausläuft, wie mit den Fingern den pissenden Penis aus der Hose raushängen lassen.
Das mutet Regisseurin Manuale Infante den fünf Darstellerinnen in einer Schlüsselszene des Theaterabends „Was wir im Feuer verloren“ zu. Zu erleben sind sie als fünf Feuerwehrmänner, die in überkandideltem Machogehabe das Gerücht verdrängen, dass einer ihrer Kollegen eine Frau angezündet und verbrannt haben soll und sich zum Victim Blaming, zur Täter-Opfer-Umkehr hinreissen lassen.
Das ist der in die Albernheit fallende Tiefpunkt eines Theaterabends, der aber in seiner Mischung aus Posse und Horrorstory vor dem Hintergrund schrecklicher Verbrechen durchaus mit packenden Momenten aufzuwarten vermag.
Erzählt wird die Geschichte von Frauen, die sich nur noch mit der Selbstverstümmelung durch Feuer und die Zurschaustellung der monströs erscheinenden Folgen gegen die wachsende Zahl grausamer Femizide zu wehren weiss.
Fulminante Rollenwechsel
Der in mehrere Kapitel aufgeteilte Theaterabend beginnt mit einer vielversprechenden „ersten Erzählung“ auf dem Theater. In einem fulminanten Rollenwechsel-Reigen lassen die fünf Darstellerinnen im Backstage-Bereich eines Theaters, das wie ein abgebranntes Haus daherkommt (ein bildstarkes und symbolgeschwängertes Bühnenbild von Rocío Hernández), einen hypervorsichtigen Feuerwehrmann auf die Opernsängerin Carmen treffen. Er sieht an allen Ecken und Enden grosse Feuergefahr, sie will nicht auf die gleichzeitigen Züge aus einer Zigarette und die für die Stimme förderliche Einnahme von Alkohol verzichten.
Das kann eine gefährliche Mischung sein, wie zuvor eine krächzende Stimme über Lautsprecher auf Spanisch mit Untertiteln erzählt: „Während sie schlief, hatte er ihr Alkohol ins Gesicht geschüttet und ein Feuerzeug daran gehalten“, ist zu vernehmen. Und er habe sich rausgeredet, dass das Opfer im Streit Alkohol vergossen und sich eine Zigarette angezündet habe.
Der Theaterabend entwickelt seine starken Momente, wenn die Schauspielerinnen als Frauen auf der Bühne stehen und agieren und nicht die Männer als hirnlose Idioten verballhornen und damit in deren Täterrolle letztlich verharmlosen. Das ist etwa dann der Fall, wenn sie sich in gelöster Stimmung die verbrannte Haut überstreifen (Kostüme: Robin Metzer) und dann nicht in schmerzliches Jammern verfallen, sondern die Selbstverstümmelung als Heilungsprozess, als einen Ausweg aus einer patriarchalischen Welt vollziehen und verstehen.
Ein grosses Plus des Abends ist das herausragende Zusammenspiel der fünf Schauspielerinnen (Elmira Bahrami, Gina Haller, Marie Löcker, Annika Meier und Gala Othero Winter). Sie schaffen es unter dem Strich, den eigentlich schier unerträglichen Stoff so umzusetzen, dass man das Theater nicht vollkommen niedergeschlagen und wenn auch nicht wirklich geläutert dennoch nachdenklich verlässt.
