In der Endlosschlaufe gefangen

Mit dem Tanzprojekt „from rock to rock“ von Jeremy Nedd ist die Kaserne künstlerisch in die neue Saison und die neue Ära unter neuer Leitung gestartet. Es ist ein Neustart mit Längen.

Es ist eine Geschichte, die Jeremy Nedds Company uns zu erzählen vermittelt. So sagte es der neue Kasernen-Leiter Tobias Brenlk an der Eröffnung der neuen Spielzeit. Nun: Die Erklärung ist wichtig, denn aus dem Abend selber wird der Hintergrund nicht klar – allenfalls, für diejenigen, die sich in der Hip-Hop-Sprache und der Gamekultur sehr gut auskennen.

Ich gehöre nicht dazu. Ohne Hintergrund-Infos aus dem auf den Sitzen ausgelegten Beizettel hätte ich keine Ahnung gehabt, was sie warum sie das tun, die fünf Tänzerinnen und Tänzer auf der weiten weissen Bühne der Reithalle. Angetrieben von einem harten Synkope-Schlagrhythmus lösen sich die in Hoodies und Trainerhosen eingepackten Tänzerinnen und Tänzer aus dem eng verschlungenen Knäuel und beginnen, mit synchronen und in einer schieren Endlosschlaufe wiederholten Arm- und Beinbewegungen durch den Raum zu wandeln. Manchmal in einer Reihe, dann wieder versetzt oder in mehreren Reihen hintereinander.

Wer nun den Zettel liest und nachrecherchiert, erfährt, dass es sich dabei nicht um eine choreografische Idee von Jeremy Nedd handelt, sondern um den sogenannten nach dem gleichnamigen Rapper benannten „The Milly Rock“-Move handelt, der sich über ein Musikvideo in der Szene stark verbreiten konnte.

Nicht nur Fans zeigten sich begeistert. Auch ein Game-Entwickler zeigte sich offensichtlich angetan, dass er den Move in sein Spiel Fortnite einbaute.
Dies nun aber nicht zur Freude des Rappers Milly Rock, der eine Unheberrechtsklage gegen den Game-Hersteller anstrengte.

Dies nun also die Ausgangslage für das Tanzstück „from rock to rock“. Was macht Jeremy Nedd, der selber als Performer mittut, damit? Er zelebriert den Move als Minimal Dance-Einlage in einer schieren Endlosschlaufe, so wie in der Warteschlaufe des Games Fortnite.

Da hat durchaus etwas reizvoll Einlullendes. Und doch ist es beinahe schon erlösend, wenn sich die fünf Tänzerinnen und Tänzer nach einer gefühlten Ewigkeit davon lösen und zu individuellen Bewegungen kommen.

Was nun folgt, ist etwas kryptisch. Zwei der Tänzer kaprizieren in einer Comedy-Einlage Dutzende Varianten von von Handschlag-Grussgesten, wie man sie von der Hiphop-Szene her kennt. Andere Tänzerinnen und Tänzer schleppen sich mit riesigen Klötzen unter den Füssen über die Bühne.

Das könnte man als Kritik am Umstand verstehen, dass um das Copyright eines Bewegungsablaufs gestritten wird. Oder in der anderen Richtung, dass sich ein Game-Entwickler erdreistet, diesen Move zu klauen. Diese Unentschlossenheit wirkt dann mit der Zeit etwas schleppend und zäh.

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